Technomaden

"Der Weg ist das Ziel..."

(Konfuzius, oder doch Citroen?)

Diese alte Weisheit wird in unserer Zeit offenbar etwas zu wörtlich genommen. Von der dahinter liegenden Philosophie ist nichts übrig geblieben. Dementsprechend hat die Technik und die Finanzoptimierung unser ganzes Leben mobil gemacht. Laptops und Handys die selbst schon kleine Computer sind machen uns in zunehmenden Maßen von einem fixen Standort unabhängig. (Mein nächstes Handy wird wahrscheinlich auch mit dem Hund Gassi gehen können, vorausgesetzt ich schaffe es das richtige Programm zu installieren). Dementsprechend reduziert sich auch der Bedarf an einem fixen Arbeitsplatz - sehr zur Freude aller Erbsenzähler. Weil wenn man überall arbeiten kann muss man dies ja nicht unbedingt im Büro machen.

Klingt doch alles wunderbar.

Nur frage ich mich in letzter Zeit:

Sind wir jetzt so toll mobil, oder sind wir einfach nur mehr auf der Flucht?

Sollten Sie noch einen *altmodischen* Arbeitsplatz haben zu dem Sie jeden Morgen hindackeln, sehen Sie sich einmal bewusst um. Sie haben ein paar Blumen, einen Bilderrahmen mit den Kindern, einen Kalender (Matisse, oder vielleicht doch Playboy, je nach Präferenz)...in jedem Fall irgendetwas persönliches, ein Zeichen dass das "Ihr" Platz ist. Und selbst wenn die Fluktuation in Ihrem Beruf hoch ist - die Gesichter sind im Allgemeinen die gleichen jeden Tag. Langweilig möchte man meinen - aber sind Sie sicher dass Sie etwas anderes wollen?

"Menschen leben bereits On Demand?" So begann ein durchaus ernst gemeintes Schreiben der IBM bei dem mir erstmal ungut aufstieß. Irgendwo ist da der Wurm drin. Nein, eigentlich lebe ich ganz gut selbst und ständig, nicht nur bei Bedarf. Dann konnte ich beobachten wie ein Vorstand verzweifelt versuchte dem nicht-immer-gleichen Arbeitsplatz bei unserer Mutterfirma zu entkommen. Auch er wollte sich nicht mit einem Laptop und Trolley statt einem Büro anfreunden, und irgendwie hing er auch an seinen ausgedruckten Akten und las seine Rechtsgutachten nicht nur am Computer. Da wurde ich doch etwas skeptisch.

Fakt ist: Technisch ist es möglich dass eigene Büro bequem im Sakko oder einer kleinen Notebook-Tasche zu verstauen. Dieser Artikel entsteht auf diese Weise, im Kaffeehaus, im Auto, bei meiner Freundin, wo ich gerade bin und Zeit habe. Auf einem Palm mit Falttastatur, und wenn ich Mail oder Internet brauche hab ich auch gleich alles bei mir. Ich bin ein technischer Nomade, mein Büro ist wo ich gerade bin. Einen Laptop schleppe ich nur für graphische Arbeiten mit.

Müssen wir aber auch alles tun, nur weil es technisch möglich ist? Vieles geht auf diese Weise verloren, persönliche Kontakte, Verbundenheiten, Freundschaften. Diese Dinge sind eher nebulös, indirekt, wirken sich nur auf Umwegen auf die Firma aus, merklich wird einfach das Klima als "kühl" empfunden, persönliche Problem werden nicht oder zu spät erkannt, es fehlt die Geborgenheit, dass soziale Netz das auch ein Verbund von Kollegen bietet.

Viel direkter (genauso direkt wie die Ersparnis durch die reduzierte Bürofläche) sind Verluste durch mangelnde Kommunikation, fehlenden Wissensaustausch, Verlust von Fachwissen mangels Weitergabe.

Und der Verlust der Teamfähigkeit. Sie lachen? Ist doch klar: Wer kein persönliches Territorium in der Firma hat kann es auch nicht mit anderen teilen, sich auch nicht mit der Firma und den Kollegen identifizieren. Mit Leuten die ich nur einmal in der Woche sehe baue ich nicht so schnell eine Beziehung auf, die sind mir relativ egal, an sechs Tagen in der Woche sehe ich sie sowieso nicht. Mit der Firma kann ich mich dann auch nicht identifizieren - was motiviert mich? Und damit gehen auch hehre Firmenziele den Bach runter - die mir ein selten gesehener Vorgesetzter gelegentlich per Mail mitteilt.

Corporate Identity? Wasn dass? Hat das was mit mir zu tun?

Nein, ich nutze meine Mobilität und ziehe als Technomade zum nächsten Wasserloch weiter. Vielleicht finde ich dort etwas Wärme.